Kein Abriss ungenehmigten Wohnhauses im Außenbereich

Urteil des OVG NRW vom 24.02.2016 – 7 A 19/14:

Das Berufungsurteil hob die Abrissverfügung eines 70 Jahre alten Hauses auf.

Der Rheinisch-Bergische Kreis (RBK) verlangte den Abriss ungenehmigter und nicht genehmigungsfähiger Bauten der Vorkriegszeit. Beweisprobleme wegen etwaiger Genehmigungen treffen den Eigentümer. Relevant ist nur die jahrzehntelange, persönliche Wohnnutzung, zwecks Duldungsverfügung bis Lebensende. Fehlen Genehmigungen, sind verloren oder nicht in behördlichen Archiven, sind Grundbuch mit Wohn- bzw. Wochenendnutzung im Bestandsverzeichnis, Grundsteuerveranlagung, öffentliche Erschließung bzw. Anschluss oder Haupt- bzw. Wohnsitzmeldung unerheblich.

Das OVG schließt den Abriss nicht aus! Die Behörde schuldet sachliche Kriterien, warum und wie ab dem angenommenen Stichtag, vor dem 01.09.1939, eingeschritten wird.

Das OVG moniert jahrzehntelanges Nichteinschreiten, verlorene Genehmigungen, kaum möglicher Zeugenbeweis und kriegsbedingter Verlust von Archivgut und einhergehende Beweisschwierigkeiten. Ungenügend ist das Berufen auf den Flächennutzungsplan und sonst in solchen Fällen nicht einzuschreiten zu können.

Nachwirkung: Ende 2016 erarbeitete der RBK mit dem Landesbauministerium eine Regelung: Schwarzbauten vor 1960 – seitdem BBauGB in Kraft – werden nicht verfolgt; Duldung älterer erfolgt unabhängig von der Person, so dass nun veräußert werden kann.

Praxistipp: Zivilrechtlich ist bei Erwerb reizvoll gelegener Immobilien das Bauplanungsrecht im Notarvertrag zu berücksichtigen. Eine entsprechende Regelung und Bedingung bspw. zwecks Wohn- oder nur Wochenendnutzung sollte Beschaffenheitsvereinbarung sein.

WEG: Übertragung neuer Pflichten nicht beschlussfähig, Vorrang der Auslegung der Gemeinschaftsordnung vor Anpassung

(1) Die Mehrheit einer Wohnungseigentümergemeinschaft kann einer Minderheit nicht durch Beschluss neue, nicht vom Gesetz oder der Gemeinschaftsordnung begründete Verpflichtungen auferlegen, wenn der Verpflichtete dem nicht zustimmt. Dies verstößt gegen das Belastungsverbot, wie der BGH in Ergänzung seiner Entscheidung BGH, Urteil vom 10.10.2014, V ZR 315/13 klarstellte.

(2) Die Änderung der Gemeinschaftsordnung kann nicht gerichtlich erzwungen werden, wenn schon die (ggf. ergänzende) Auslegung der vereinbarten Regelungen ausreichend zum Ziel führt. Dieser Vorrang der Auslegung vor der Anpassung hat der BGH wieder bestätigt (BGH Beschluss vom 07.10.2004 – V ZB 22/04).

BGH, Versäumnisurteil vom 13.05.2016, Az.: V ZR 152/15

Amtliche Leitsätze:
    Das Belastungsverbot schränkt die Mehrheitsmacht der Wohnungseigentümer ein, schließt aber nicht den Änderungsanspruch nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG aus.

    Die (ggf. ergänzende) Auslegung der Gemeinschaftsordnung hat Vorrang vor einer Anpassung gemäß § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG.

Unsere Empfehlung:

Der WEG-Eigentümer sollten beachten, dass

  • eine Öffnungsklausel nur zur Anpassung z.B. der Kostenverteilung, nicht zur Neubegründung der Kostentragung berechtigt,
  • Mehrheitsbeschlüsse nicht immer die Minderheit binden können,
  • Einzelumstände zu prüfen sind, die einer Auslegung der Gemeinschaftsordnung den Vorrang einräumen.

Widerrufsrecht für Maklervertrag durch den Verbraucher

Maklerverträge können im Fernabsatzgeschäft widerrufen werden. Dies bestätigte der BGH zum alten Recht.

Nach den zum 13.06.2014 geänderten Normen begründet sich ein Widerrufsrecht jedoch nicht nur im Fernabsatzgeschäft, sondern besonders für die in der Praxis häufige Variante von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Maklerverträge. Vor einer Besichtigung und vor der Übergabe des Exposès sollten die Formalien des Widerrufsrechtes beachtet werden.

BGH, Urteile vom 07.07.2016, Az.: I ZR 30/15 und I ZR 68/15

Amtlicher Leitsatz:

    a)
    Übermittelt der Immobilienmakler einem Kaufinteressenten ein Exposé, das ein eindeutiges Provisionsverlangen enthält, liegt darin ein Angebot auf Abschluss eines Maklervertrags. Dieses Angebot nimmt der Kaufinteressent bereits an, wenn er den Makler um die Vereinbarung eines Besichtigungstermins bittet. Der Vertragsschluss erfolgt in einem derartigen Fall nicht erst, wenn der Kaufinteressent den Besichtigungstermin mit dem Makler wahrnimmt.
    b)
    Ist die Übersendung des Exposés per E-Mail erfolgt und hat der Kaufinteressent den Besichtigungstermin fernmündlich vereinbart, ist der Maklervertrag unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande gekommen. Für auf diese Weise zustande gekommene Maklerverträge bestand nach §312d Abs.1 Satz1 BGB aF ein Widerrufsrecht nach den Regelungen des Fernabsatzrechts, wenn der Vertrag im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- und Dienstleistungssystems abgeschlossen wurde.
    c)
    Ein Immobilienmakler nutzt ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebsund Dienstleistungssystem, wenn er auf einem
    Onlinemarktplatz (hier: „ImmobilienScout24“) von ihm vertriebene Immobilien bewirbt, den Kontakt zu seinen Kunden auf elektronischem oder telefonischem Weg herstellt und der Vertrag in dieser Weise zustande kommt. Es kommt nicht darauf an, dass die Durchführung eines
    solchen Maklervertrags nicht auf elektronischem Wege erfolgt.
    d)
    Das Widerrufsrecht bei vor dem 13.Juni 2014 im Wege des Fernabsatzes geschlossenen Maklerverträgen
    erlischt mit Ablauf des 27.Juni 2015, wenn der Makler den Verbraucher über das Widerrufsrecht nicht belehrt hat.
    e)
    Hat der Makler den Verbraucher nicht darauf hingewiesen, dass er nach einem erklärten Widerruf Wertersatz für bereits erbrachte Dienstleistungen zu leisten habe, steht ihm hierfür kein Wertersatzanspruch gemäß §312e Abs.2 BGB aF zu.

Unsere Empfehlung:

Der Makler sollte beachten, dass

  • er durch nicht nur deklaratorisches Einbinden in einen notariellen Vertrag das Widerrufsrecht ausschließt,
  • er die gesetzlichen Muster für die Widerrufsbelehrung und sonstigen Informationspflichten ohne Abänderungen anwendet und
  • wenn er mit der Ausführung der Dienstleistung erst beginnt, nachdem der Verbraucher dazu seine ausdrückliche Zustimmung auf einem dauerhaften Datenträger gegeben hat und gleichzeitig seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert, erlischt das Widerrufsrecht.

Schadet das Zuwarten und Verhandeln mit dem Mieter einer außerordentlichen fristlosen Kündigung z.B. wegen doppelten Mietrückstandes?

Nein, grundsätzlich nicht.

§ 314 Abs. 3 BGB normiert für Dauerschuldverhältnisse den Ausschluss des Kündigungsrechtes wegen Ablaufes einer angemessenen Frist. Die Frist beginnt mit Kenntnis des wichtigen Grundes für eine Kündigung. Dieser Ausschluss der Kündigung findet jedoch keine Anwendung im Bereich der speziellen Regelungen der außerordentlichen fristlosen Kündigung des Mietrechtes. §§ 543, 569 BGB begründen somit keine zeitliche Schranke zur Ausübung der Kündigung.
Die Umstände des Einzelfalls können jedoch eine Verwirkung begründen.
Klarzustellen ist, dass diese Frage im Urteil des BGH vom 21.03.2007 – XII ZR 36/05 noch nicht entscheidungserheblich war.

BGH, Versäumnisurteil vom 13. Juli 2016 – VIII ZR 296/15

Amtlicher Leitsatz:
    § 314 Abs. 3 BGB findet auf die fristlose Kündigung eines (Wohnraum-)
    Mietverhältnisses nach §§ 543, 569 BGB keine Anwendung.
Unsere Empfehlung:

Der Vermieter einer Immobilie oder von Räumen muss darauf achten, dass

  • er die Zahlung weiter anmahnt und mit der Kündigung droht,
  • er bei der gemeinsamen Suche mit dem Mieter nach einer Lösung zur Rückführung des Zahlungsrückstandes auf die Folgen eines Scheiterns -die Kündigung- hinweist und
  • seine außerordentliche fristlose Kündigung wegen Mietrückständen ausgeschlossen ist, wenn er vorher befriedigt wird.