Juni 29

Vergabe von Gebäudereinigungsarbeiten – Glasreinigung ist Fachlos

Die Rechtsprechung macht immer wieder deutlich, dass die Aufteilung der zu vergebenden Aufträge in Lose zwingend im Sinne des Vergaberechts vorzunehmen ist. Geschieht dies nicht oder nur unzureichend, kann das zu einem Vergabeverstoß und damit zur Aufhebung des Vergabeverfahrens  führen.

Der öffentliche Auftraggeber, der seine Ausschreibung vorbereitet, hat sich deshalb zur Vermeidung von Nachprüfungsverfahren Gedanken über die Aufteilung in Teil- und/oder Fachlose zu machen und zu dokumentieren. Der potentielle oder nichtberücksichtigte Bieter hat sich zu fragen, ob sein Angebot bei entsprechender Losaufteilung erfolgreich gewesen wäre.

Dabei ist immer zu prüfen, ob Leistungen in der Menge aufgeteilt (Fachlose) oder getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) vergeben werden können, vgl. § 97 Abs. 4 GWB, § 5 Abs. 2 VOB/A. Wann zwingend ein Auftrag in Teil- und/oder Fachlose aufzuteilen ist, richtet sich maßgeblich nach den sog. Mittelstandsinteressen. Diese müssen sich jedenfalls in der Aufteilungsentscheidung erkennbar und plausibel nachvollziehbar wiederspiegeln. Damit kommt auch der Dokumentation der Ausschreibung eine im Hinblick auf Nachprüfungsverfahren zentrale Bedeutung zu.

Insbesondere der Beschluss der Vergabekammer Köln vom 06.03.2012 (ibr-online 2014, 1148) zu einer Vergabe von Unterhalts-, Grund- und Glasreinigungsarbeiten veranschaulicht die Konsequenzen der fehlerhaften Aufteilung: weil die Vergabestelle nicht berücksichtigt hatte, dass es für die „Glasreinigung“ einen eigenen, abgrenzbaren Markt gibt und die Bildung des Fachloses nicht zu einem „Splitterlos“ führt, wurde diese verpflichtet, die Glasreinigung nunmehr als separates Fachlos auszuschreiben.

August 31

Immobilien: Haftung für Rückstauschäden baumbestandener Grundstücke bei Wurzeleinwuchs in Abwässerkanäle

(1) Verkehrssicherungspflichten des Eigentümers eines baumbestandenen Grundstückes wegen der Verwurzelung eines Abwassersystems sind zwar nicht von vornherein ausgeschlossen sind, kommen jedoch nur unter besonderen Voraussetzungen in Betracht.

(2) Im konkreten Einzelfall sind die Anforderungen an Umfang und Kontrolldichte von Überprüfungsmaßnahmen abhängig von der räumlichen Nähe des Baums und seiner Wurzeln zum Abwasserkanal sowie dessen Art bzw. Gattung, Alter und Wurzelsystem (Flach-, Herz oder Tiefwurzler). Dabei muss der Eigentümer regelmäßig nicht den Kanal selbst prüfen, zu dem er zumeist keinen Zugang hat.

(3) Eine Haftung wegen Verletzung dieser Verkehrssicherungspflichten wird jedoch nicht deshalb ausgeschlossen, dass der Geschädigte nur unzureichende Maßnahmen für einen Abwasserrückstau vorhielt.

BGH, Urteil vom 24.08.2017, Az.: III ZR 574/16

Amtliche Leitsätze:

Auszug (von a, -d,):


b) Ohne sich hiernach ergebende Hinweise auf eine Verwurzelung der Kanalisation ist der Eigentümer eines Baumgrundstücks regelmäßig nicht gehalten, den Abwasserkanal selbst zu überprüfen oder den Kanalbetreiber zu einer Überprüfung aufzufordern.

Unsere Empfehlung:

Der Grundstückseigentümer sollte beachten, dass

  • die Kontrollpflichten insbesondere vom Zugang zum Abwasserkanal abhängig sind,
  • soweit Anlass für eine Gefährdung besteht, ggf. unter wirtschaftlicher Abwägung, selbständig eine Konrolle durchgeführt wird,
  • spätestens mit Kenntnis der Verwurzlung unverzüglich gehandelt wird.
Juli 21

Zum Ersatz von Angebotskosten nach einem Vergabeverfahren

Nimmt der Unternehmer an einem Vergabeverfahren teil, kostet ihn das in aller Regel Geld. Gegebenenfalls investiert er Zeit, Personal oder er tritt bereits mit einzelnen Arbeiten in Vorleistung. Der Bieter erhält nach Abschluss des Verfahrens vom Auftraggeber grundsätzlich dafür keine Entschädigung, soweit in den Vergabeunterlagen hierfür keine Regelung enthalten ist. Dies ist etwa für Bauvergaben aktuell in § 8b Abs. 2 Satz 1 VOB/A bzw. § 8b Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 VOB/A EU klar geregelt.

Eine Entschädigung sehen die beiden vorgenannten Vorschriften in ihrem jeweils 2. Satz allerdings für den Fall vor, dass die Bieter Entwürfe, Planungen oder entsprechend andere Unterlagen auszuarbeiten haben. Dies ist auch durchaus gerechtfertigt, da der Auftraggeber in diesen meist umfangreichen oder in der Sache anspruchsvolleren Vergabeverfahren ausgearbeitete Alternativen vorgelegt bekommt, die er sonst hätte woanders beauftragen müssen. Dann muss der Auftraggeber dies in den Vergabeunterlagen festgelegt haben.

Hat der Auftraggeber hingegen vermerkt, dass eine Entschädigung für solche Leistungen nicht gewährt werden soll, kann der Bieter auch keine Entschädigung verlangen. Der Höhe nach kann sich der Hinweis auf eine solche Regelung in den Vergabeunterlagen mitunter unbestimmt oder auslegungsfähig gestalten. Der BGH hat mit seinem Urteil vom 31.01.2017 – X ZR 93/15 gezeigt, dass auch vage gehaltene Entschädigungsregelungen durch die Rechtsprechung konkret ausgefüllt werden können.

In dem zu entscheidenden Fall hatte der Auftraggeber in den Vergabeunterlagen lediglich angekündigt, dass nach Abschluss des Verfahrens die Bieter teilweise für ihren Aufwand entschädigt werden sollen. Ein Rechtsanspruch auf Entschädigung solle danach nicht bestehen. Gegen die daraufhin angebotene (niedrige) Entschädigung wehrte sich ein Bieter.

Ein Sachverständiger konnte die fiktiven durchschnittlichen Angebotsbearbeitungskosten ermitteln. Der BGH hielt eine Entschädigungshöhe zwischen 1/3 und 2/3 der durchschnittlichen Kosten der Bieter für „billig“. Mit seiner Regelung war der Auftraggeber von der VOB/A abgewichen, allerdings hatte er sich damit nach Auffassung des BGH zu einer „billigen“ Leistungsbestimmung verpflichtet.

Mai 29

„Gegenaufmaß“ des AG erforderlich ?

Streit der Gerichte: OLG Bamberg gegen KG Berlin

Beide Gerichte hatten  jeweils einen  Fall zu entscheiden, in dem der Auftragnehmer seiner Schlussrechnung ein – einseitiges – Aufmaß beigefügt hatte, dessen Richtigkeit der Auftraggeber bestreitet, ohne dieses Bestreiten zu substantiieren bzw. ohne ein „Gegenaufmaß“ vorzulegen. Das KG Berlin hat erneut entschieden, dass ein solches einfaches Bestreiten nicht genügt und der Auftraggeber ein „Gegenaufmaß“ zu Substantiierung vorlegen muss. Gelingt ihm dies nicht, weil beispielsweise die Arbeiten inzwischen durch Drittunternehmer fertig gestellt oder durch Folgeunternehmer weitergeführt worden sind, geht dies zu seinen Lasten und er muss den Auftragnehmer bezahlen.

Das OLG Bamberg dagegen führt – unter Hinweis auf die entsprechende Rechtsprechung des BGH (IBR 2003/666) – aus, dass ein einfaches Bestreiten genügt, weil kein Bedürfnis bestehe, an den Auftraggeber bei einem einseitigen Aufmaß des Auftragnehmers erhöhte Substantiierungsanforderungen zu stellen (IBR 2016/686).

Einig sind sich die Gerichte allerdings darin, dass der Auftraggeber dann zu beweisen hat, dass die Angaben im einseitigen Aufmaß des Auftragnehmers unzutreffend und welche Massen statt dessen zutreffend sind, wenn er zuvor ein gemeinsames Aufmaß verhindert hat und ein solches nicht mehr erstellt werden kann. Ebenso verhält es sich, wenn der Auftraggeber zunächst das einseitige Aufmaß des Auftragnehmers bestätigt, anschließend es jedoch bestreitet. In diesen Fällen wird in der Regel auch eine Substantiierung vorwiegend durch ein „Gegenaufmaß“ zu erfolgen haben.